Das neue
Lebensfreude-Training

Schritt 3:
Gib dir selbst oder deinem Gegenüber Vorrang

 

Reine Lesezeit: ca. 12 Minuten

 

Konkurrenz oder Kooperation?

Nicht nur du möchtest mehr Lebensfreude fühlen. Auch andere Menschen wollen glücklich sein. Wenn eure Vorstellungen zusammenpassen, macht ihr gemeinsam Dinge, die euch Spaß bringen und euch Lebensfreude fühlen lassen.
   Habt ihr aber unterschiedliche Ziele, Wünsche oder Lebensfreude-Visionen, dann könnte es ab und zu schwierig werden. Möglicherweise kannst du nicht deine volle Lebensfreude fühlen, wenn dich ein anderer Mensch daran hindert oder wenn du ihm für seine Wünsche zur Verfügung stehen "musst". Dabei fühlst du dich ausgebremst.


Umgekehrt erlebst du vielleicht Lebensfreude, merkst aber, dass der andere sich damit nicht gut fühlt, und fühlst dich ebenso unwohl. Volle Lebensfreude zu erleben, während sich ein anderer Mensch ausgebremst fühlt … geht das überhaupt, ohne sich selbst als „egoistisch“ einzustufen?
   Ja, das geht – und wir erleben es täglich. Zum Beispiel im Straßenverkehr. Um das genauer zu erklären, zunächst ein kurzer Rückblick:


Als Vorbereitung auf das Training habe ich dir den Vergleich mit dem Ballsport angeboten und den ersten Trainingsschritt vorgeschlagen: Trainiere als Allererstes, den Ball ganz leicht ins Netz zu befördern. Trainiere als Allererstes, ganz leicht Lebensfreude zu fühlen – dort, wo es dir bisher schon immer ganz leicht gelingt.


Im Schritt 1 habe ich dir bewusst gemacht, dass du immer frei bestimmen kannst, in welche Richtung du den Ball beförderst, wie stark du ihn anstößt oder wirfst. Du kannst immer frei über deine Lebensfreude bestimmen. Niemand kann dich daran hindern, zu denken, was du denken möchtest. Du hast immer die Möglichkeit, frei über deine Gedanken und damit auch über deine Gefühle zu bestimmen. Ich betone: Du hast die Möglichkeit, frei zu bestimmen. Ob du auch die Fähigkeit hast, ist nicht immer klar. Dafür steht dir dieses Lebensfreude-Training zur Verfügung – damit du durch neue Gedanken deine Fähigkeit zu mehr Lebensfreude ausbauen kannst.


Im Schritt 2 habe ich dir gezeigt, dass du dich bei Fehlern auf eine bestimmte Weise angenehm (freudig?) weiterentwickeln kannst: Ist etwas schief gelaufen, dann erschaffe dir eine positive Denk-Alternative für dein Gehirn zur Auswahl. Hast du den Ball nicht ins Netz befördern können, ist es aus Versehen durch eine verkehrte Bewegung von dir daneben gegangen oder hast du nur den Papp-Torwart getroffen, dann stell dir intensiv vor, wie du dich anders bewegt hättest und der Ball wäre ins Netz gegangen. Fühle bei dieser positiven Vorstellung auch deutlich die Freude, die du in dem Moment hättest, wenn der Ball erfolgreich ins Netz fliegt. Trainiere diese Vorstellung und stelle sie gleichberechtigt als zusätzliche Denkmöglichkeit neben die frische Erinnerung an den Fehler.

   Hast du etwas erlebt oder gedacht, wodurch es dir nicht gut ging, dann stell dir eine positive Denk-Alternative vor, die viel mehr Lebensfreude in dir auslöst. Gebe dem Unangenehmen als auch dem Angenehmen und Freudigen die gleiche Berechtigung in deiner Vorstellung, verknüpfe beides intensiv miteinander – und dein Gehirn wird sich allmählich und automatisch mehr in Richtung des Angenehmen und Freudigen orientieren. Dabei wird der Fehler nicht ausgeblendet, sondern es wird optimal aus dem Fehler gelernt.


In diesem Schritt 3 kommen nun beim Ball-Spiel die Mitspieler:innen und die Gegner:innen ins Spiel, die ebenso den Ball ins Netz befördern wollen. Andere Menschen wollen auch Lebensfreude fühlen. Entweder mit dir zusammen, weil ihr ähnliche Ziele und Wünsche habt. Oder eure Ziele und Wünsche unterscheiden sich und gehen in unterschiedliche Richtungen.


Wie können wir nun unsere volle Lebensfreude leicht leben, während ein anderer Mensch ganz andere Ziele, Wünsche oder Visionen hat und sich durch unsere Lebensfreude ausgebremst fühlt? 

   Schauen wir auf den Straßenverkehr. Dort erleben wir es täglich: Rote Ampeln können nerven. Kommen wir aber an eine grüne Ampel und können einfach durchfahren, dann kann der Fahrfluss Freude machen, besonders bei mehreren grünen Ampeln hintereinander. Während wir bei Grün fahren, stehen bei dieser Kreuzung gleichzeitig andere Menschen bei Rot und warten, damit wir freie Fahrt haben. Etwas ganz Selbstverständliches. Wir freuen uns über unsere freie Fahrt und leiden nicht darunter, dass die anderen vielleicht ungeduldig oder verärgert vor ihrer roten Ampel warten. Keiner betrachtet sich oder andere als „egoistisch“, wenn man bei Grün fahren darf und dies auch aus ganzem Herzen ausnutzt und sich über das Grün freut.


Wenn wir Grün haben und Lebensfreude leben,

steht unser eigener Wunsch gerade im Mittelpunkt

und andere warten.

Haben wir selbst Rot und warten,

dann geht es gerade um den Wunsch eines anderen.

Der andere lebt seine grüne Lebensfreude.


Warum haben wir Menschen im Straßenverkehr überhaupt Ampeln aufgebaut? Um Unfälle zu vermeiden. Bei einem Unfall gäbe es Sachschäden, möglicherweise Verletzte – und einen Stau. Läuft alles reibungslos, dann kann der Verkehr ganz leicht und „gesund“ fließen.

 

Hast du dir schon einmal bewusst gemacht, dass du im Verkehr frei bestimmst, dich nach den Ampeln zu richten, bei Rot zu warten und bei Grün dich in Richtung deines Ziels fröhlich weiterzubewegen? Wir achten freiwillig und selbstbestimmt auf die Verkehrsregeln, weil wir schmerzliche Konsequenzen vermeiden wollen (Unfälle, Punkte in Flensburg, Ärger etc.). Wir haben das Ziel, dass wir möglichst unversehrt bleiben. Wie gegenüber dem Wetter: Bei Hitze stellen wir uns in den Schatten oder gehen in einen Raum mit Klimaanlage, bei Gewitter suchen wir ebenso einen geschützten Raum auf. Wir handeln immer selbstbestimmt und passen uns dabei so ans Umfeld an, wie es uns selbst in der Situation am besten erscheint.
   Hast du beim Warten an einer roten Ampel schon einmal die Denk-Alternative ausprobiert und dir vorgestellt, wie sich wohl gerade diejenigen Verkehrsteilnehmer:innen fühlen, die Grün haben und frei fahren? Und hast du dir vorgestellt, dass du durch deine freiwillige Rücksicht auf deine rote Ampel und durch dein Warten gerade selbstbestimmt allen anderen ermöglichst, sich unfallfrei bei Grün bewegen zu können?

   Oft schauen wir nur auf uns selbst. Wir sind auf unsere rote Ampel konzentriert und auf unser Wartenmüssen. Wie fühlst du dich, wenn du dich beim Warten in diejenigen Menschen einfühlst, die jetzt gerade Grün haben und frei gehen bzw. frei fahren können? Und wenn du dich mit ihnen freust?

   Verknüpfe deine Gewohnheit, auf die rote Ampel zu schauen, mit einem neuen Verhaltensmuster: Du siehst das Rot und denkst: "Ich warte freiwillig." Dann schaust du etwas weiter unter dem roten Licht, dass das grüne Licht bei dir noch nicht leuchtet. Und nun stell dir vor, wie für die anderen Verkehrsteilnehmer:innen das Grün leuchtet und sie sich freuen, frei fahren zu können.

 

Stell dir vor, du hast als Fahrradfahrerin gerade Rot, stehst an der Ampel und winkst die Autos, die gerade Grün haben, fröhlich durch. Wie eine freundliche Polizistin signalisierst du mit deiner durchwinkenden Armbewegung, dass die Autos fahren können.
   Natürlich ist das nicht wirklich „nötig“, weil die Autos durch ihre grüne Ampel ja sowieso wissen, dass sie frei fahren können. Aber im Grunde zeigst du damit allen Autofahrer:innen: „Ich richte mich freiwillig nach der Ampel, so dass ihr frei fahren könnt. Ich werde keinen Unfall verursachen.“
   Anhand dieses Beispiels wird dir bewusst, wie „selbstverständlich“ die meisten Menschen davon ausgehen, dass jeder andere Mensch sich nach den Verkehrsregeln „zu richten hat“. Dass wir uns aber freiwillig und selbstbestimmt nach den Regeln richten, damit wir miteinander im Verkehr gut klarkommen, ist den meisten gar nicht bewusst. Wenn der Verkehr unfallfrei fließen kann, dann funktioniert das nur, weil wir alle freundlich miteinander sind. Wir richten uns nach den Regeln aus Rücksicht aufeinander. Und wir richten uns nach den Regeln, um unangenehme Konsequenzen für uns selbst zu verhindern und uns selbst zu schützen. Es ist beides: Wir schützen fürsorglich andere und uns selbst.
   Ist das nicht etwas, über das wir uns freuen können? Wir schützen durch unsere Rücksicht und Fürsorge aktiv andere Menschen, freuen uns mit, dass die anderen bei Grün frei fahren können, und wir schützen uns selbst. Und das funktioniert in den allermeisten Fällen super gut.
   Bisher halten wir es für „selbstverständlich“, dass sich alle nach den Verkehrsregeln richten. Und wenn es mal nicht klappt und jemand absichtlich oder unabsichtlich die Regeln bricht, regen wir uns darüber auf. Genauso wurden uns damals die Regeln beigebracht: Wenn wir die Regeln nicht beachten, dann wäre das ganz schlimm!! Und der Strafende wird streng, um damit seine Wertung noch zu betonen.
   Niemand hat damals davon geredet, dass wir beim Beachten von Regeln eine freundliche Fürsorge für andere und für uns selbst leben.
   Trotzdem können wir auch das Glas als „halb voll“ betrachten: Wie geil ist das denn, dass wir in den meisten Fällen so genial miteinander umgehen, dass wir uns gegenseitig voller Fürsorge erfolgreich vor Unfällen schützen?! Ja schon alleine das Autofahren auf Bundesstraßen funktioniert reibungslos, weil niemand die Mittellinie überfährt und in den Gegenverkehr knallt. Wie groß ist da unser gegenseitiges Vertrauen?!! Bei Tempo 100 haben wir das Urvertrauen, dass die uns entgegenkommenden Autos nicht auf unsere Spur rüberfahren und wir nicht ineinander knallen …

 

Jetzt übertrage die Ampel wieder auf deine alltäglichen Kontakte zu anderen Menschen.
   Dabei bedeutet Grün: Du hast ein Ziel, einen Wunsch oder ein Bedürfnis und befindest dich gerade auf dem Weg, es umzusetzen, zu erreichen oder zu erfüllen. Du gibst dir selbst freiwillig und selbstbestimmt Vorrang vor den anderen Menschen.
   Rot bedeutet: Du hast zwar ein Ziel, Wunsch oder Bedürfnis, bremst dich aber gerade selbstbestimmt, um anderen freiwillig voller Fürsorge Vorrang zu geben.
   Bei jedem Kontakt zu einem Menschen kannst du demnach vier Situationen erleben:
- Ihr habt beide Grün. Ihr folgt beide frei eurem Ziel.
- Ihr habt beide Rot. Ihr bremst euch beide freiwillig voller Fürsorge (für andere und für sich selbst).
- Dein Gegenüber hat Grün und du hast Rot. Dein Gegenüber verfolgt ein Ziel und du gibst deinem Gegenüber Vorrang und bremst dich für den anderen.
- Dein Gegenüber hat Rot und du hast Grün. Du verfolgst ein Ziel, gibst dir selbst Vorrang und dein Gegenüber bremst sich für dich.

 

Damit du in jeder Situation deine Lebensfreude fühlen kannst, empfehle ich dir, die folgenden beiden Sätze auswendig zu lernen, damit du sie im Alltag immer wieder denken kannst:

 

Jetzt geht es gerade um meinen Wunsch und meine grüne Lebensfreude.

 

Jetzt geht es gerade um deinen Wunsch und deine grüne Lebensfreude.

 

Entweder nutzt du diese beiden Gedanken, um die gegenwärtige Situation zu analysieren. Dabei beschreibst du einfach nur, was jetzt gerade passiert, was du gerade beobachtest.

   Oder du nutzt diese Gedanken, um den Verkehr zu regeln und selbst zu bestimmen, auf welchen Wunsch / auf welches Ziel du dich jetzt gerade konzentrierst.

 

Optimales Zusammenwirken

Um gemeinsam glücklich zu sein, braucht ihr eine gemeinsame Ampel (eine Regelung), die anzeigt, wer gerade Vorrang erhält, damit Unfälle (Konflikte, Verletzungen, Fouls) vermieden werden.
   Richtet ihr euch freiwillig, selbstbestimmt und voller Fürsorge nach dieser Regelung, dann könnt ihr einen gemeinsamen Fluss erleben, der durch eure Regelung zeitlich gesteuert wird. Es wird geregelt, wer jetzt gerade voller Lebensfreude seinem Ziel folgt und wer freiwillig und voller Lebensfreude fürsorglich wartet oder fürsorglich den anderen unterstützt.

 

Habt ihr keine gemeinsame Regelung, dann kannst du dich darin üben, für dich selbst eine Regelung zu erschaffen und immer wieder darauf zu achten, ob du dir selbst oder ob du deinem Gegenüber Vorrang geben willst und wie du dabei optimal Lebensfreude fühlst. Gib dir selbst Grün oder gib deinem Gegenüber Grün. So wie es deinem Gefühl entsprechend aktuell optimal passt.

 

Im Ballsport ist die Regelung, dass man sich gegenseitig den Ball wieder abnimmt, ohne dabei das Gegenüber zu verletzen. Die Versuche, den Ball zu gewinnen und ihn ins Netz zu befördern, haben Grün. Das Gegenüber körperlich zu verletzen, hat Rot.
   Stell dir einen Vater vor, der mit seinem kleinen Sohn im Garten Fußball spielt. Hier sieht man ganz deutlich die Bemühungen des Vaters, seinen Sohn möglichst körperlich unversehrt zu lassen. Er bremst sich selbst (Rot), während er gleichzeitig versucht, seinem Sohn den Ball wieder abzuluchsen (Grün) – verletzungsfrei. Die Folge: Beide haben Spaß am Spiel (Grün).
   Wieso haben die Erwachsenen diesen Spaß beim Profi-Fußball nicht mehr? Ich sehe keine Frauen oder Männer während eines Fußballspiels lachen, wenn man sich gegenseitig innerhalb der Spielregeln um den Ball bemüht. Auch nicht beim Handball, Basketball oder Tennis. Wo ist die Lebensfreude hin?
   Ich finde, dass dies ein Symbol für die gesamte erwachsene Gesellschaft ist. Vieles ist oft mit „Ernst“ oder sogar "Ärger" verknüpft, wobei die Lebensfreude flöten geht. Fußballtrainer:innen sagen oft in einem Interview vor einem wichtigen Spiel, dass sie natürlich gewinnen wollen. Sie sagen nicht, dass sie besonders viel Spaß und Freude am Spiel haben wollen. Dabei ist es gerade der freudige Zustand im Gehirn, der das Gehirn besonders kreativ sein lässt – und damit auch die Leistungsfähigkeit erhöht. „Freude-Energie“ und „Begeisterung“ sind immer effektiver und effizienter, als „Anstrengung“, "Kampf" und „Disziplin“.

 

Ziele locker verfolgen

Wieso geht bei „wichtigen“ Spielen, Zielen, Wünschen die Lebensfreude verloren?
   Weil wir an diesen Zielen besonders stark festhalten. Halten wir stark fest und werden durch ein Verlusterlebnis dazu gezwungen, vom Ziel loslassen zu müssen, dann tut uns das stärker weh, als wenn wir unser Ziel von Anfang an locker verfolgen und jederzeit ganz leicht davon loslassen können - um es dann sofort wieder aufzugreifen, sobald es möglich ist.

   Es herrscht verbreitet die Sichtweise: "Wenn wir unser Ziel ganz stark festhalten, erreichen wir es besser." Doch nicht nur im Sport wird oft das Gegenteil bewiesen. Obwohl eine Mannschaft kämpft und kämpft, verliert sie trotzdem, weil sie den Ball nicht ins Netz befördern konnte. Die andere Mannschaft hatte in einem kleinen Moment Glück, hatte freie Bahn, hatte Grün und hat diese Chance genutzt, um das Siegtor zu schießen.


Ich lade dich dazu ein, alle deine Wünsche, Bedürfnisse, Ziele, Visionen etc. viel viel lockerer zu lassen, als du es bisher gewohnt bist. Vertiefe dich in deine Wünsche und Ziele, halte sie aber nicht fest. Sondern verfolge sie locker, damit du dich bei jeder roten Ampel sofort auf die grüne Lebensfreude der anderen Menschen konzentrieren kannst, bevor du dich dann wieder in deine eigene grüne Lebensfreude vertiefst. Auf diese Weise erhöhst du enorm deine Flexibilität und damit gleichzeitig deine grüne Lebensfreude. Und du schenkst voller Fürsorge deinem Umfeld die Möglichkeit, ebenso eine grüne Lebensfreude erleben zu können (wenn dein Umfeld es möchte und innerlich dazu fähig ist). Dadurch entwickelst du die geniale Fähigkeit, zusätzlich zu der grünen fließenden Lebensfreude auch die rote fürsorgliche Lebensfreude zu erleben und zu genießen.

 

 

Hier erreichst du Schritt 4: Erlaube natürliche Bewertungen

 

 

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